Durch Bildung vom KMU zum Weltkonzern: Christiane Leister | Find your future

Portraits

Christiane Leister

Verwaltungsratspräsidentin Leister-AG
Christiane Leister hat ihre Firma durch technologische Innovation zu einem Weltkonzern gemacht und erklärt, wie die Bildung ihre Karriere beeinflusst hat.

«Technik begeistert mich jeden Tag»

Christiane Leister führte das Einzelunternehmen für Schweisstechnik an die Weltspitze. Ein Gespräch über Begeisterung, Selbstdisziplin und Baustellenbesuche.

Sie exportieren 98 Prozent Ihrer Produkte. Wer sind Ihre Kunden, wo kommen Ihre Produkte zum Einsatz?
Unsere Kunden sind in Bau, Gewerbe und Industrie tätig. Unsere Produkte begleiten einen Menschen während 24 Stunden am Tag. Wenn Sie morgens Ihre Zähne putzen: Zahnpastatuben werden mit einem Leister-Lufterhitzer hergestellt. Wenn Sie Auto fahren, hat Ihr Fahrzeug Sensoren, wo wir bei bestimmten Prozessschritten involviert sind. Wenn eine Frau einen Lippenstift benutzt, wird dieser oft mit Heissluft glänzend gemacht. Wenn Sie durch die Neat fahren werden, wurde vieles mit Leister-Geräten geschweisst. Das macht das Geschäft für mich auch so interessant. Ich kann also – und das tue ich sehr gerne, auch als Frau – Baustellen besichtigen, in die Kupferminen nach Chile fahren, Bewässerungsprojekte einsehen, auf Dächer steigen und Tunnelbesichtigungen machen. Dazu müssen Sie auch ein bisschen sportlich sein, auf die Gerüste steigen, vor Ort sein. Ich habe schon die verschiedensten Fabriken gesehen, zum Beispiel Flugzeugwerke, die unsere Geräte benutzen. Ich finde Arbeitsreisen in fremde Länder oft spannender, als wenn ich dort nur als Touristin Ferien mache. Ich verbringe darum manchmal auch meine Ferientage lieber auf einer Messe oder auf Baustellen.

Als Unternehmensleiterin sind Sie sich nicht zu schade, auch in der Produktion und auf Baustellen präsent zu sein. Bereitete Ihnen das jemals Schwierigkeiten, in einer von Männern geprägten Branche zu arbeiten?
Für mich gibt es keine Frauenwelt oder eine Männerwelt. Für mich gibt es das Geschäft und das ist nur zufälligerweise mal von Männern entwickelt worden. Da gibt es Spielregeln und Verhaltensweisen, die alle ganz gut funktionieren, und ich finde auch nicht, dass man die jetzt gendermässig umkrempeln muss. In meiner Erziehung war Arbeit etwas Positives und nicht etwas Lästiges. Ich habe zwei Schwestern und wir wurden alle nach dem Leistungsprinzip erzogen.

Was muss oder kann die MEM-Branche tun, damit sich mehr Menschen für einen technischen Beruf oder eine Tätigkeit in einem technischen Unternehmen entscheiden?
Ich glaube, man muss die Technik, die uns ja Lebenskomfort gibt, greifbarer, sichtbarer, erlebbarer machen bei den jungen Menschen. Da sind sicherlich Unternehmen gefragt, aber nicht nur. Ich würde mir wünschen, dass unsere Schulen auch mal kommen mit einer Anfrage, ob sie bei uns nicht einen Techniktag durchführen dürften. Das passiert eigentlich nicht. Diesen Abstand müssen wir überbrücken. Um das ungenutzte Potenzial von Frauen als Arbeitnehmerinnen einzulösen, braucht es andere Rahmenbedingungen. Eine Stellgrösse bietet das Schulwesen. Ich hatte als Kind Blockunterricht. Damals konnte jede Frau problemlos halbtags arbeiten, wenn sie das wollte. Es ist für mich nicht verständlich, warum wir das nicht schaffen. Und dann ist die Motivation der Frauen, zu arbeiten, rein steuertechnisch auch nicht die grösste, wenn sie verheiratet sind. Auch das ist für mich eine Rahmenbedingung, an der wir arbeiten müssen.

Mit der Leister-Stiftung engagiert sich Ihr Unternehmen unter anderem für die technische Bildung von Jugendlichen. Was umfasst Ihr Engagement?
Wenn wir unseren Werkplatz Schweiz weiterhin erfolgreich halten wollen, brauchen wir entsprechend ausgebildete Mitarbeitende. Über die Leister-Stiftung fördern wir das. Wir unterstützen die ETH Foundation, aber auch Organisationen wie Svin, Natech oder das Technorama, wo junge Menschen Technik erleben können. Daneben engagieren wir uns bei Tüftellabors, und zwar nicht nur finanziell, sondern auch mit Manpower.